In der Entwicklungszusammenarbeit wird China oft als aggressiver Einzelgänger dargestellt, der Partnerländer ausschließlich im Sinne seiner eigenen Interessen fördert. Als maßgeblich gilt hierbei der Zugang zu natürlichen Ressourcen. Vor allem Chinas Engagement in Afrika wird dafür kritisiert, dass es sich nicht leistungs- oder bedarfsorientiert, sondern interessensgeleitet sei. In dieser Studie vergleichen wir Chinas Verhalten bei der Vergabe von Entwicklungshilfe von 2010 bis 2012 mit dem der fünf größten Geberländer weltweit: Frankreich, Deutschland, Japan, dem Vereinigten Königreich und den USA. Mit Hilfe einer Regressionsanalyse und einer rigorosen Varianzzerlegung messen wir die Bedeutung verschiedener Faktoren für die Vorhersage von Entwicklungshilfeverpflichtungen. Wir stellen deutliche Unterschiede in der Mittelzuweisung fest: Während Deutschland, Japan, die USA und das Vereinigte Königreich der Bedürftigkeit der Partnerländer große Bedeutung beimessen, werden die Hilfsmittel von Frankreich und China größtenteils abhängig von interessengeleiteten Variablen verteilt: im Fall Frankreichs spielen Handelspartnerschaften eine besonders große Rolle, für China das Festhalten an der „Ein-China-Politik“. China ist jedoch kein rein egoistischer Geldgeber, sondern stellt, wie die meisten Geberländer, mehr Entwicklungshilfe für ärmere Länder bereit. Zudem gibt es keine Anzeichen dafür, dass kommerzielle Interessen wie Handel oder Zugang zu natürlichen Ressourcen die Vergabe der chinesischen Hilfe maßgeblich bestimmen. Das steht im Gegensatz zu westlichen Geldgebern, die ihre Handelspartnern sowie ihre ehemaligen Kolonien in der Zuweisung öffentlicher Entwicklungshilfe besonders berücksichtigen, wobei letzteres vor allem für Frankreich und das Vereinigte Königreich gilt. Die Behauptung, dass China Hilfsleistungen nach anderen Maßstäben verteilt, muss also relativiert werden.
Für die Studie wurde ein Datensatz verwendet, den Axel Dreher und Andreas Fuchs – ebenfalls Mitglieder des Entwicklungsökonomischen Ausschusses – zusammen mit Brad Parks, Austin M. Strange und Michael J. Tierney mit dem Artikel „Apples and Dragon Fruits: The Determinants of Aid and Other Forms of State Financing from China to Africa“ veröffentlicht haben.