Forschung der Mitglieder

Danzer, Alexander M., and Lennard Zyska. 2023. „Pensions and Fertility: Microeconomic Evidence.“ American Economic Journal: Economic Policy, 15 (2): 126-65. DOI: 10.1257/pol.20200440

Eine althergebrachte theoretische Behauptung lautet, dass Kinder als Altersvorsorge ihrer Eltern dienen, wenn keine staatlichen Sozialversicherungssysteme existieren. Aber wie lässt sich diese Hypothese empirisch überprüfen? Der Aufsatz untersucht den Zusammenhang indem wir die Einführung eines umfassenden und finanziell lukrativen Rentensystems in Brasilien unter die Lupe nehmen. Während Angestellte in Ballungsräumen schon seit mehreren Jahrzehnten in ein staatliches Rentensystem einzahlen, erhielten Beschäftigte und Selbständige im ländlichen Raum Brasiliens erst mit der Verfassungsreform von 1991 Zugang zu einer staatlichen Altersvorsorge. Die Forschung zeigt, dass betroffene Frauen, die in jungen Jahren Ansprüche für das staatliche Rentensystem erwerben konnten, tatsächlich weniger Kinder bekamen. Im Vergleich zur Kontrollgruppe (Frauen in städtischen Siedlungsgebieten, für die keine Änderung in der Altersvorsorge vorgenommen wurde) gebaren die von der Einführung des Rentensystems betroffenen Frauen bis zum Alter von 45 im Durchschnitt 1,3 Kinder weniger, und damit unter 4 Kindern pro Frau. Dies beschleunigte den ohnehin seit vielen Jahrzehnten zu verzeichnenden Geburtenrückgang im ländlichen Brasilien. Damit verschärfte die Rentenreform die demographischen Unterminierung des umlagefinanzierten Rentensystems in Brasilien.

Liebenehm, Sabine, Ingmar Schumacher, and Eric Strobl. 2023. Rainfall Shocks and Risk Aversion: Evidence from Southeast Asia. American Journal of Agricultural Economics. https://doi.org/10.1111/ajae.12403

Die empirische Evidenz zur zeitlichen Stabilität der Risikoaversion und zur Rolle exogener Schocks ist nicht schlüssig. In diesem Beitrag greifen wir dieses Problem auf und analysieren, ob und inwieweit sich die Risikoaversion als Reaktion auf Niederschlagsschocks in einem landwirtschaftlichen Kontext ändert und welche Rolle Veränderungen bei den Erträgen und den Preisen als zwei mögliche Kanäle spielen. Wir untersuchen dies sowohl in einem einfachen theoretischen Modell als auch in einer umfangreichen empirischen Studie. Das theoretische Modell sagt voraus, dass Haushalte, die entweder Nettoverkäufer, -käufer oder autark sind, unter Vorsichtsbedingungen ihre Risikoaversion erhöhen. Um die Vorhersagen des Modells zu testen, verwenden wir einen Paneldatensatz mit denselben 1.005 Befragten aus Nordostthailand und Zentralvietnam (TVSEP), die in fünf Erhebungswellen zwischen 2008 und 2017 befragt wurden, und kombinieren ihn mit historischen Niederschlagsdaten auf Dorfebene, um negative Niederschlagsschocks zu erfassen. Unsere empirische Strategie nutzt exogene Variationen des Zeitpunkts, des Ortes und des Ausmaßes von Niederschlagsdefiziten, um deren Auswirkungen auf die Risikoaversion zu ermitteln. Wir stellen fest, dass Niederschlagsmangel die Risikoaversion der Befragten erhöht, ein Ergebnis, das über alternative Spezifikationen hinweg bemerkenswert stabil ist.Der Haupteffekt von Niederschlagsmangel auf die Risikoaversion ist bei den Nettokäufern am größten und bei den Nettoverkäufern etwa halb so groß. Autarke Haushalte weisen keinen signifikanten Effekt auf. Obwohl Niederschlagsdefizite zu erheblichen Einbußen bei den landwirtschaftlichen Erträgen und einem signifikanten Anstieg der Preise führen, deutet die Mediationsanalyse darauf hin, dass diese Marktmechanismen keine signifikante Rolle spielen, abgesehen von einem kleinen statistisch signifikanten Mediationseffekt der Preise bei Nettokäufern. Unser Ergebnis, dass Niederschlagsdefizite zu einem signifikanten Anstieg der Risikoaversion führen, insbesondere bei Haushalten, die beim Kauf von Nahrungsmitteln von den lokalen Märkten abhängig sind, hat potenziell wichtige Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit und die Armutsdynamik. Ein erhöhtes Maß an Risikoaversion kann Investitionen, z.B. in eine vorteilhafte Technologie, untergraben, zu entgangenen Erträgen führen und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, unter die Armutsgrenze zu fallen.

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Braczkowski, A.R., O’Bryan, C.J., Lessmann, C. et al. The unequal burden of human-wildlife conflict. Commun Biol 6, 182 (2023). https://doi.org/10.1038/s42003-023-04493-y

Der Konflikt zwischen Mensch und Wildtier ist eine der drängendsten Herausforderungen für die nachhaltige Entwicklung weltweit. Dies gilt insbesondere dann, wenn ökologisch und wirtschaftlich wichtige Wildtiere die Lebensgrundlage der Menschen bedrohen. Großraubtiere treten vermehrt in einkommensschwachen, ländlichen Gemeinden auf und führen zu Viehverlusten, die für die ohnehin schon armten Haushalte noch höhere Kosten bedeuten. In dieser Studie zeigen wir die Ungleichheiten im Zusammenhang mit der Anfälligkeit für Konflikte, die durch Großraubtiere auf Rinder weltweit entstehen. Über die Verbreitung von 18 Großraubtieren hinweg stellen wir fest, dass die wirtschaftliche Anfälligkeit für Verluste durch Raubtiere (gemessen an den Auswirkungen auf das jährliche Pro-Kopf-Einkommen) für Haushalte in Schwellen- und Entwicklungsländern zwei- bis achtmal höher ist als in Industrieländern. Diese potenzielle Belastung wird in den Entwicklungsländern weiter verschärft, da die Viehhalter in diesen Gebieten im Durchschnitt 31 % weniger Fleisch pro Tier produzieren als in den Industrieländern. In den einkommensschwächsten Gebieten entspricht der Verlust einer einzigen Kuh oder eines Bullen nach unseren Schätzungen fast anderthalb Jahren verlorener Kalorienzufuhr für ein Kind. Schließlich zeigen unsere Ergebnisse, dass 82 % des Verbreitungsgebiets von Raubtieren außerhalb von Schutzgebieten liegen, und dass fünf bedrohte Raubtiere mehr als ein Drittel ihres Verbreitungsgebiets in den wirtschaftlich sensibelsten Gebieten haben. Diese global sehr ungleiche Belastung durch Mensch-Raubtier-Konflikte verdeutlicht, wie wichtig es ist, sich mit mehreren und widersprüchlichen Zielen der nachhaltigen Entwicklung auseinanderzusetzen: Schutz des Lebens an Land und Beseitigung von Armut und Hunger.

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Hoeffler, Anke; Sterck, Olivier, 2022. Is Chinese aid different?. In: World Development. Elsevier. 156, 105908. ISSN 0305-750X. eISSN 1873-5991. Verfügbar unter: doi:10.1016/j.worlddev.2022.105908.

In der Entwicklungszusammenarbeit wird China oft als aggressiver Einzelgänger dargestellt, der Partnerländer ausschließlich im Sinne seiner eigenen Interessen fördert. Als maßgeblich gilt hierbei der Zugang zu natürlichen Ressourcen. Vor allem Chinas Engagement in Afrika wird dafür kritisiert, dass es sich nicht leistungs- oder bedarfsorientiert, sondern interessensgeleitet sei. In dieser Studie vergleichen wir Chinas Verhalten bei der Vergabe von Entwicklungshilfe von 2010 bis 2012 mit dem der fünf größten Geberländer weltweit: Frankreich, Deutschland, Japan, dem Vereinigten Königreich und den USA. Mit Hilfe einer Regressionsanalyse und einer rigorosen Varianzzerlegung messen wir die Bedeutung verschiedener Faktoren für die Vorhersage von Entwicklungshilfeverpflichtungen. Wir stellen deutliche Unterschiede in der Mittelzuweisung fest: Während Deutschland, Japan, die USA und das Vereinigte Königreich der Bedürftigkeit der Partnerländer große Bedeutung beimessen, werden die Hilfsmittel von Frankreich und China größtenteils abhängig von interessengeleiteten Variablen verteilt: im Fall Frankreichs spielen Handelspartnerschaften eine besonders große Rolle, für China das Festhalten an der „Ein-China-Politik“. China ist jedoch kein rein egoistischer Geldgeber, sondern stellt, wie die meisten Geberländer, mehr Entwicklungshilfe für ärmere Länder bereit. Zudem gibt es keine Anzeichen dafür, dass kommerzielle Interessen wie Handel oder Zugang zu natürlichen Ressourcen die Vergabe der chinesischen Hilfe maßgeblich bestimmen. Das steht im Gegensatz zu westlichen Geldgebern, die ihre Handelspartnern sowie ihre ehemaligen Kolonien in der Zuweisung öffentlicher Entwicklungshilfe besonders berücksichtigen, wobei letzteres vor allem für Frankreich und das Vereinigte Königreich gilt. Die Behauptung, dass China Hilfsleistungen nach anderen Maßstäben verteilt, muss also relativiert werden.

Für die Studie wurde ein Datensatz verwendet, den Axel Dreher und Andreas Fuchs – ebenfalls Mitglieder des Entwicklungsökonomischen Ausschusses – zusammen mit Brad Parks, Austin M. Strange und Michael J. Tierney mit dem Artikel „Apples and Dragon Fruits: The Determinants of Aid and Other Forms of State Financing from China to Africa“ veröffentlicht haben.

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Günther, Isabel, Harttgen, Kenneth, Seiler, Johannes und Utzinger, Jürg. An index of access to essential infrastructure to identify where physical distancing is impossible. Nature Communications 13, 3355 (2022). https://doi.org/10.1038/s41467-022-30812-8.

Um die Gebiete mit erhöhtem Risiko für die Übertragung von Infektionskrankheiten in Afrika zu identifizieren, haben wir einen Physical Distancing Index (PDI) basierend auf dem Anteil der Haushalte ohne Zugang zu privaten Toiletten, Wasser, Räumen im Haushalt, Transport- und Kommunikationstechnologie entwickelt und gewichten ihn mit der Bevölkerungsdichte. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Länder in Afrika, insbesondere im westlichen Teil Afrikas, neben der Verbesserung der Gesundheitssysteme auch den Mangel an grundlegender innerstaatlicher Infrastruktur angehen müssen. Fehlende Infrastruktur hindert die Menschen daran, die Ausbreitung übertragbarer Krankheiten zu begrenzen, indem sie die Wirksamkeit staatlicher Vorschriften zur physischen Distanzierung untergräbt. Wir präsentieren zudem hochauflösende Risikokarten, die zeigen, in welchen Regionen sich die Menschen am wenigsten schützen können. Wir finden eine beträchtliche räumliche Heterogenität des PDI innerhalb der Länder und zeigen, dass sie stark mit COVID-19-Fällen korreliert ist. Regierungen könnten diesen Bereichen besondere Aufmerksamkeit widmen, um begrenzte Ressourcen gezielter einzusetzen, um so die Übertragung von Krankheiten zu verhindern.

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Implementation Research on OPD services in the Social Health Protection Initiative, Khyber Pakhtunkhwa (KP) province and the Gilgit Baltistan (GB) area in Pakistan

Seit 2015 zielt die Social Health Protection Initiative (SHPI) darauf ab, den Zugang der Armen zu Gesundheitsdiensten in Khyber Pakhtunkhwa (KP) und Gilgit Baltistan (GB) in Pakistan zu verbessern. Das KfW-geförderte Projekt beseitigt finanzielle Hindernisse durch die Bereitstellung einer subventionierten Krankenversicherung. In Phase 1 wurde der Versicherungsschutz für die ärmsten 21 % der Bevölkerung gewährleistet. Der Schutz umfasst stationäre Leistungen in ausgewählten öffentlichen und privaten Krankenhäusern. In Phase 2 wird der Versicherungsschutz nun auch auf ambulante Leistungen (OPD) ausgedehnt. Die KfW hat das Forschungskonsortium (bestehend aus Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Heidelberg Institute of Global Health und Khyber Medical University) beauftragt, die Implementierung durch wissenschaftliche Evidenz zu unterstützen. Dies umfasst 1) vorbereitende Studien zur Unterstützung Systemkonzeption, 2) Umsetzungsforschung während des gesamten Projektzyklus, 3) Ergebnis- und Wirkungsevaluierung und 4) zusätzliche Forschung zu den Out-of-Pocket-Ausgaben für stationäre Pflegedienste (IPD) in Phase 1.

Förderinstitution: KfW
Laufzeit: August 2021 – August 2023 (zunächst)
Beteiligte Forscherinnen und Forscher (Principal Investigators): Andreas Landmann (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg), Zohaib Khan (Khyber Medical University), Manuela De Allegri (Heidelberg Institute of Global Health, Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg)

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Steinkamp, Sven und Frank Westermann, „Development aid and illicit capital flight: Evidence from Nepal“, The World Economy, September 2021, DOI: 10.1111/twec.13208.

Quelle: Grafik aus Working-Paper-Fassung (IEW WP #121)

Obwohl illegale Kapitalflucht eine große Herausforderung für wirtschaftspolitische Entscheidungsträger in Entwicklungsländern darstellt, gibt es bislang nur wenig Forschungsergebnisse zum möglichen Zusammenhang von Kapitalflucht und Entwicklungshilfe. In unseren Artikel greifen wir das Thema mit Hilfe von Daten aus Nepal auf, einem typischen Entwicklungsland mit geschlossenen Kapitalmärkten und einer großen Abhängigkeit von Ressourcen aus dem Ausland. Der wesentliche Beitrag unseres Ansatzes ist die Nutzung eines eng definierten Proxys für Kapitalflucht, der auf für Transportkosten bereinigten Diskrepanzen in den Handelsstatistiken Nepals und seiner Handelspartner beruht. Darüber hinaus nutzen wir eine enge Definition von Entwicklungshilfe, die nur die Geldüberweisungen, aber nicht die Sachbeihilfen beinhaltet. Wir dokumentieren in unserer Studie einen robuste (positive) partielle Korrelation zwischen Kapitalflucht und Entwicklungshilfe, die ökonomisch und statistisch signifikant ist. Interessanterweise lässt sich dieselbe positive Korrelation nicht bestätigen, wenn statt der Entwicklungshilfe Daten zu privaten Rücküberweisungen (Remissen) genutzt werden, die ebenfalls Kapitalzuflüssen in Fremdwährung sind, mit denen plausibler Weise aber keine Kapitalflucht-Motivation verbunden ist. Weiterhin zeigen wir, dass die Korrelation bei Geldüberweisungen, aber nicht bei Sachbeihilfen signifikant ist. Gleiches gilt auch für internationale oder IWF-Kredite. Schließlich zeigt sich die Korrelation nur im dem Kapitalfluchtproxy, der aus der Unterbewertung von Exporten berechnet wird, nicht aus demjenigen der auf der Überbewertung von Importen beruht.

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Budjan, Angelika J., and Andreas Fuchs (2021). Democracy and Aid Donorship. American Economic Journal: Economic Policy, Volume 13, Issue 4, Pages: 217–38.

Fast die Hälfte der Staaten der Welt leistet bilaterale Entwicklungshilfe. Während frühere Forschungsarbeiten die Gruppe der Geberländer als exogen betrachten, wird in diesem Artikel ein neuer Datensatz über die Entwicklungsgeber eingeführt, der alle Länder der Welt, sowohl die reichen als auch die armen, abdeckt, und es werden die Determinanten der Einrichtung eines Hilfsprogramms untersucht. Es wird argumentiert und empirisch gezeigt, dass demokratische Institutionen die Einrichtung eines Hilfsprogramms in reicheren Ländern unterstützen, in ärmeren Ländern jedoch untergraben. Die Ergebnisse halten auch bei Regressionen mit Instrumentalvariablen und wir beobachten ein ähnliches Muster für die Höhe der Hilfszusagen.

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Toman Barsbai, Dieter Lukas and Andreas Pondorfer. Local Convergence of Behavior across Species. Science (2021)

Credit: Brian Wood

Die Studie zeigt, dass Menschen aus Jäger- und Sammlergesellschaften ihr Leben bei der Nahrungssuche, Fortpflanzung, Betreuung des Nachwuchses und sogar hinsichtlich ihres sozialen Umfelds ähnlich organisieren wie Säugetier- und Vogelarten, mit denen sie ihren Lebensraum teilen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass lokale Umweltbedingungen das Verhalten von Menschen und nicht-menschliche Arten entscheidend beeinflussen und globale Unterschiede in Verhaltensmustern erklären können.

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Axel Dreher, Andreas Fuchs, Bradley Parks, Austin Strange, and Michael J. Tierney (2021). Aid, China, and Growth: Evidence from a New Global Development Finance Dataset. American Economic Journal: Economic Policy, Volume 13, Issue 2, Pages: 1–40.

China hat sich zu einer wichtigen Quelle der globalen Entwicklungsfinanzierung entwickelt, aber die Art und die Folgen seiner offiziellen Finanzierungsaktivitäten sind nur unzureichend bekannt. Das Fehlen systematischer Belege und rigoroser Analysen zu den Auswirkungen der chinesischen Entwicklungsfinanzierung auf das Wirtschaftswachstum stellt einen großen blinden Fleck in der Literatur dar. In diesem Artikel wird ein neuer Datensatz der offiziellen Entwicklungsfinanzierung Chinas an 138 Entwicklungsländer zwischen 2000 und 2014 vorgestellt. Dies erlaubt uns dann zu untersuchen, ob chinesische Entwicklungsfinanzierung das Wirtschaftswachstum in den Empfängerländern beeinflusst. Die Ergebnisse zeigen, dass chinesische Entwicklungsfinanzierung das Wirtschaftswachstum kurzfristig ankurbelt. Ein zusätzliches Projekt erhöht das Wachstum zwei Jahre nach der Zusage im Durchschnitt um 0,41 bis 1,49 Prozentpunkte. Diese Effekte bleiben über verschiedene Sektoren der Entwicklungshilfe hinweg bestehen und scheinen durch einen Anstieg der Investitionen und – in geringerem Maße – des Konsums getrieben zu sein. Während diese Studie nicht zu dem Ergebnis kommt, dass signifikante finanzielle Unterstützung aus China die Gesamtwirksamkeit der Hilfe westlicher Geber beeinträchtigt, ist die Hilfe aus den USA in Ländern, die keine substanzielle Unterstützung aus China erhalten, tendenziell effektiver. Insgesamt sollten diese Erkenntnisse einige der Befürchtungen zerstreuen, die von politischen Entscheidungsträgern geäußert wurden, dass China als „Schurkengeber“ die Wirksamkeit westlicher Hilfe untergräbt.

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Elías Cisneros, Krisztina Kis-Katos and Nuryartono, Nunung (2021): Palm oil and the politics of deforestation in Indonesia, Journal of Environmental Economics and Management, https://doi.org/10.1016/j.jeem.2021.102453

Dieser Artikel untersucht die Wechselwirkungen politischer und wirtschaftlicher Anreize zur Abholzung in Indonesien. Auf Basis von Paneldaten auf Distriktebene von 2001 bis 2016 analysieren wir die Entwicklung von fernerkundeten Waldverlusten sowie die Vergabe von Landnutzungslizenzen. Wir verknüpfen diese Dynamiken mit politischen Anreizen, die vor idiosynkratisch getakteten Bürgermeisterwahlen entstehen; sowie mit lokalen Preisvariationen, die aus geoklimatischen Indizes und globalen Preisschwankungen für Palmöl berechnet werden. Die Ergebnisse dokumentieren eine um 4% höhere Abholzung im Jahr vor lokalen Bürgermeisterwahlen. Zusätzlich spielt Palmöl eine entscheidende Rolle bei der Entwaldungsdynamik. Die Abholzungsraten steigen um 7% an Orten, die um eine Standardabweichung stärker dem Preisanstieg für Palmöl ausgesetzt sind. Diese Effekte kumulieren gemeinsam zu fast 19% größeren Waldverlusten in Jahren vor Wahlen an Orten mit einem um eine Standardabweichung erhöhten Palmölpreisanreiz. Diese Ergebnisse liefern Belege dafür, dass sich wirtschaftliche und politische Anreize gegenseitig verstärken und signifikante Treiber in der Entwaldung für Ölpalmanbau sind.

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Menusch Khadjavi, Kacana Sipangule Khadjavi, and Rainer Thiele (2021). Social Capital and Large-Scale Agricultural Investments: An Experimental Investigation. The Economic Journal, Volume 131, Issue 633, Pages 420–449

Nach der globalen Nahrungspreiskrise 2007-2008 haben Investoren vermehrt große Landflächen in Entwicklungsländern erworben. Wir untersuchen an Beispielen aus Sambia, wie sich die Etablierung großer Farmen auf das interpersonelle Vertrauen und die Reziprozität – wichtigen Komponenten des Sozialkapitals – in umliegenden Dörfern ausgewirkt haben. Zu diesem Zweck vergleichen wir Dörfer in unmittelbarer Nähe zweier Großfarmen mit einer Kontrollgruppe weiter entfernt liegender Dörfer. Anhand von Experimenten können wir zeigen, dass in den Dörfern in der Nähe der Großfarmen das gegenseitige Vertrauen der Bewohner größer ist, was mit der Hypothese einer gemeinsamen Reaktion der Dorfbewohner auf die Ankunft der Großfarmen („Communal Coping“) vereinbar ist.  Reziprozität tritt häufiger auf, wenn Dorfbewohner auf der Großfarm beschäftigt sind. Dies weist auf den Aufbau von Reputation hin.  

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Danzer, Alexander M., Robert Grundke (2020). „Export price shocks and rural labor markets: The role of labor market distortions.” Journal of Development Economics, 2020, Volume 145, 102464

Interview mit einer Gruppe von Feldarbeiterinnen im Bezirk Konibodom im Norden Tadschikistans
© Robert Grundke

Können Arbeiterinnen in Entwicklungsländern Vorteile aus dem Handel ziehen? Um diese Frage zu beantworten, greifen Alexander M. Danzer (KU Eichstätt-Ingolstadt) und Robert Grundke (OECD) auf Fluktuationen im Weltmarktpreis für Baumwolle zurück und identifiziert die Auswirkungen höherer Exportpreise auf die Löhne armer Landarbeiterinnen in der Baumwollernte am Beispiel Tadschikistans. Die gestiegene Nachfrage nach Arbeitskräften während der Hochpreisphasen verdoppelt die Löhne für Baumwollpflückerinnen auf kleinen Privatfarmen, hat jedoch keinen Einfluss auf die Löhne auf großen (halb)staatlichen Farmen. Die unterschiedliche Behandlung der Arbeiterinnen ist auf Marktmacht und die weiterhin verbreitete Zwangsarbeit—nicht zuletzt von Schülerinnen und Studentinnen—in großen Unternehmen während der Baumwollernte zurückzuführen. Die Autoren schlussfolgern, dass Handel in Abhängigkeit von politischen Strukturen, bei denen lokale Politiker und Manager halbstaatlicher Unternehmen zusammenarbeiten, Gewinner und Verlierer produziert.

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Heß, Simon, Dany Jaimovich und Matthias Schündeln. „Development projects and economic networks: Lessons from rural Gambia.“ The Review of Economic Studies (2021)

Die Autoren untersuchen die Auswirkungen von partizipativen Entwicklungsprojekten auf soziale und ökonomische Netzwerke in Dörfern in Gambia. Partizipative Entwicklungsprojekte binden die Dorfbewohner aktiv in Finanzierungs- und Entscheidungsprozesse ein, mit dem Ziel, effektivere Projekte zu schaffen und lokale Institutionen zu stärken. Diese Projekte, insbesondere Community-Driven Development (CDD)-Projekte, finden sehr weite Anwendung in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit.  Allein die Weltbank unterstützt 327 CDD-Projekte in 90 Ländern mit einem Kreditvolumen von über 33 Milliarden US$ (Stand 2021). Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, die Auswirkungen solcher Projekte auf lokale (Dorf-)Gemeinschaften zu verstehen. Bestehende Forschungsarbeiten zu den beabsichtigten Wirkungen von CDD-Projekten sind in ihrer Breite begrenzt und finden typischerweise bestenfalls moderate positive Effekte. Gleichzeitig besteht bei CDD-Projekten die Gefahr, dass sie unbeabsichtigte negative Auswirkungen haben, z.B. durch ihre Wechselwirkungen mit lokalen Machtstrukturen und Entscheidungsmechanismen oder durch potenziell ungleich verteilte Nutzen.

Die Autoren zeigen zunächst aus einer theoretischen Perspektive, dass die Auswirkungen von CDDs auf Entscheidungsprozesse und ungleich verteilte Nutzen Auswirkungen auf soziale und ökonomische Netzwerke haben können. Um den Effekt von CDD-Projekten auf Netzwerke empirisch zu untersuchen, nutzen die Autoren die zufällige Zuteilung eines CDD-Projekts an Dörfer in Gambia. Sie sammelten detaillierte Daten über soziale und ökonomische Interaktionen in 56 Dörfern, von denen die Hälfte in der Vergangenheit CDD-Projekte erhalten hatte.  Das zentrale empirische Ergebnis ist, dass die Dichte sozialer und ökonomischer Netzwerke in Programmdörfern geringer ist als in Nicht-Programmdörfern. Angesichts der Bedeutung dieser informellen Netzwerke für die gegenseitige Absicherung (z.B. im Krankheitsfall) impliziert die geringere Dichte der Netzwerke einen negativen Effekt auf die erwartete Wohlfahrt der Haushalte. Weitere empirische Analysen deuten darauf hin, dass elite capture (d.h. die Aneignung von Projektgewinnen durch lokale Dorfeliten) zum Problem der ungleich verteilten Vorteile aus dem CDD-Projekt beigetragen hat, was wiederum zu Konflikten führte, und so die Schwächung der Netzwerke erklären kann. Insgesamt zeigen die Ergebnisse mögliche unbeabsichtigte negative Folgen von partizipativen Entwicklungsprojekten auf.

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“Is There a Rainbow after the Rain? How Do Agricultural Shocks Affect Non‐Farm Enterprises? Evidence from Thailand” (Katharina Grabrucker und Michael Grimm, beide Universität Passau), erschienen im American Journal of Agricultural Economics

Die Autoren untersuchen in dieser Studie die direkten und indirekten Effekte von Wetterextremen in Thailand. Insbesondere geht es um die Übertragung dieser Schocks entlang der Wertschöpfungsketten auf die Wirtschaftszweige, die vor bzw. hinter den Bauern liegen bzw. die über Arbeitsangebots- und Nachfrageeffekte durch die Bauern auf den Rest der Wirtschaft übertragen werden. Die Studie benutzt umfangreiche Haushaltspaneldaten des TVSEP über mehrere Jahre sowie detaillierte geo-codierte Regenfalldaten. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die Kosten landwirtschaftlicher Schocks höher sind, als von der Literatur bisher suggeriert wird. Trotz einer begrenzten Marktintegration im ländlichen Raum, sind die übertragenen Effekte recht spürbar und betreffen verschiedene Übertragungswege. Eine Implikation der Studie ist, dass soziale Sicherungsprogramme zur Abfederung von landwirtschaftlichen Schocks, auch den nicht landwirtschaftlichen Sektor im Blick haben sollten.

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